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Gegner des Elterntaxis machen mobil

Vielerorts kutschieren Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule – Verkehrschaos inklusive. Ein Aktionstag soll wachrütteln.

Berlin. Der Feind ist die Uhr: Kurz vor Schulbeginn bricht das Chaos in der eigentlich ruhigen Seitenstraße aus. Familienkutschen brettern über den Zebrastreifen, kommen schließlich auf einem Gehweg zum Stehen. Von den Rückbänken purzeln müde Kinder mit Schulranzen und trotten Richtung Schultor. Mami oder Papi drücken da schon wieder aufs Gaspedal, sofern ihnen die Autos anderer Eltern Platz dafür lassen. Solche Szenen sind ein Grund, warum sich Polizei, Lehrer und Verkehrsexperten an vielen Orten für ein Umdenken aussprechen.

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Von Gisela Gross, dpa, 19. September 2016 17:44 Uhr

     
    Um gefährliche Situationen zu vermeiden, sollten Eltern frühzeitig mit ihren Kindern das richtige Verhalten im Straßenverkehr üben.
    Foto: dpa

Zum Zu-Fuß-zur-Schule-Tag am 22. September weisen unter anderem das Deutsche Kinderhilfswerk und der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) auf die Probleme hin, die gerade in Städten mit Elterntaxis einhergehen. Aktionswochen bis Ende September sollen tausende Schüler zur mehr Bewegung animieren.

Zwar mag für Eltern der Schutz ihrer Sprösslinge vor Regen, möglichen Verkehrsgefahren oder Belästigungen vorrangig erscheinen. Gegen das Elterntaxi aber spricht vieles. Jörg Becker vom ADAC Berlin-Brandenburg ist nicht allein mit der Befürchtung, dass es chauffierten Kindern an Bewegung, sozialen Kontakten und später an Konzentrationsfähigkeit in der Schule mangele. „Und die Kinder verpassen es, vielleicht in Begleitung eines Erwachsenen ein sicheres Verhalten im Verkehr einzuüben“, sagt Becker. Zumal der Sicherheitsgedanke trügerisch ist: Sechs- bis Neunjährige verunglückten am häufigsten als Mitfahrer im Auto und seltener als Fußgänger, betont Becker.

Viele Kinder zu unselbstständig

In Berlin sei die Zahl der Unfälle mit Kindern in den vergangenen Jahren eher rückläufig, betont Andreas Tschisch, der bei der dortigen Polizei den Fachstab Verkehr leitet. Allerdings würden etwa zwei Drittel davon von Kindern verursacht – sie gefährden sich selbst. Heutzutage beobachte die Polizei bei Kindern ein unselbstständigeres Verhalten im Verkehr und zunehmende motorische Probleme. „Viele Grundschulkinder sind gar nicht mehr in der Lage, ein Fahrrad zu bewegen“, sagte Tschisch.

Weil viele Eltern so verunsichert sind, gibt es inzwischen einen großen Markt an möglichen Hilfsmitteln. Die Rede ist nicht nur von orangefarbenen Mützchen oder Warnwesten, sondern von Apps oder Tracking-Uhren. Diverse Anbieter haben Produkte auf den Markt gebracht, mit denen auch Schulkinder zum Beispiel via GPS-Signal auf dem Bildschirm „verfolgt“ werden können.

„Kinder bekommen dadurch mehr Freiheiten und ihre Eltern können trotzdem beruhigt sein“, erklärt Tim Hautkappe die von ihm mitbegründete App „KommGutHeim“. 50 Prozent der mehr als 60 000 Nutzer seien Eltern und Kinder. Neuestes Element der App ist ein Notfallknopf, den man im Fall einer Gefahr drücken kann. Damit würden sekundenschnell etwa die Eltern alarmiert, so Hautkappe.

Manche Initiativen, etwa in Baden-Württemberg, zielen darauf ab, dass Schüler auf Internetplattformen gefährliche Stellen auf ihrem Schulweg melden – und die Kommunen diese beheben. Andere Apps gehen noch weiter und führen Daten von Schulkindern und Autofahrern zusammen: Das Programm „Schutzranzen“ lässt im Auto zum Beispiel ein Warnsignal ertönen, wenn sich ein Kind nähert, das die App ebenfalls nutzt. Auch Grundschulen sind eingespeichert, so dass Fahrer gewarnt werden, wenn sie in die Nähe kommen.

Technik kann auch überfordern

Verkehrsexperte Becker ist skeptisch. „Technik kann nicht die Eigeninitiative ersetzen“, betont er. Manche Produkte könnten im Einzelfall eine Hilfe sein: „Aber man darf Kinder auch nicht mit Technik überfordern, so dass sie zusätzlich abgelenkt sind.“

Viele Experten sprechen sich für Elternhaltestellen in der Nähe von Schulen aus, eingebettet in Programme zur Verkehrserziehung. Bislang gibt es solche Haltezonen vereinzelt, mit eigenen Verkehrsschildern – mehrere in Brandenburg, eine in Berlin-Kreuzberg. Auch Tschisch von der Polizei will Eltern das Fahren nicht gänzlich madig machen: Oft reiche es schon, wenn sie in 300 Meter Entfernung zur Schule hielten. Das Begleiten bis zur Tür führe aber dazu, dass Kinder „ein Stück weit unmündig“ gemacht würden für den Straßenverkehr.

Quelle: http://www.mittelbayerische.de/panorama-nachrichten/gegner-des-elterntaxis-machen-mobil-21934-art1432043.html

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Kind, ich komme besser mal mit

Bis hierhin und nicht weiter: Immer mehr Rektoren verbannen nervige Eltern aus dem Schulgebäude.

Das Schild ist unübersehbar: „Liebe Eltern, ab hier schaffen wir es alleine“ steht am Eingang der Grundschule. Und trotzdem geht die Frau Hand in Hand mit ihrer Tochter daran vorbei. Auch der nachkommende Vater ignoriert die Aufforderung, mit Aktentasche und einem rosa Schulranzen unterm Arm mischt er sich unter die Jungen und Mädchen. Eine Szene aus Norddeutschland, die sich aber an jeder deutschen Grundschule abspielen könnte. Eltern bringen ihre Kinder bis zur Schulbank, winken während des Unterrichts durch die Fenster und parken beim Abholen ihres Nachwuchses auf der Busspur.

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Rektoren vor allem an Grundschulen sind nicht mehr bereit, solche Störungen hinzunehmen. „Viele Schulen müssen Vorsorge treffen, um einen reibungslosen Unterricht zu gewährleisten“, erzählt der Chef der baden-württembergischen Schulleitervereinigung, Werner Weber. So gebe es immer mehr Grundschulen, die auf Schildern Eltern auffordern, vor dem Gebäude zu bleiben und ihren Nachwuchs nicht noch ins Klassenzimmer zu begleiten.

20 Prozent der Eltern neigen zu extremer Überbehütung

Nach Schätzung des Psychotherapeuten Martin Klett aus Freiburg tendieren rund 15 Prozent bis 20 Prozent der Eltern zu extremer Überbehütung. Ein Grund dafür sei die Sorge um die Zukunft der Kinder – mit manchmal schlimmen Folgen. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes Josef Kraus hat ebenfalls beobachtet, dass das Phänomen der sogenannten Helikopter-Eltern, die besorgt über ihrem Nachwuchs kreisen, mehr und mehr um sich greift. Er unterscheidet Transport-, Rettungs- und Kampfhubschrauber: Unter „Transporthubschrauber“ fallen die „Mama-Taxis“, die vor Schulgebäuden für Verkehrschaos sorgen. Die „Rettungshubschrauber“ sind diejenigen Eltern, die ihrem Nachwuchs bei vergessenen Sportbeuteln und Vesperboxen aus der Patsche helfen. Und die „Kampfhubschrauber“ sind die, die sich ständig beschweren, sei es über Noten, Stundenpläne oder Disziplinarmaßnahmen. „Das Gros der vernünftigen Eltern sollte sich dagegen verwahren“, meint Kraus.
Das Thema sorgt für Schlagzeilen, nachdemder Brandbrief des Rektors der Stuttgarter Schillerschule, Ralf Hermann, an die Eltern publik geworden war. In dem Schreiben heißt es: „So erleben wir täglich, wie viele Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, verkehrswidrig und häufig gefährlich an der Kreuzung vor dem Haupteingang der Schule parken, Kind und Schulranzen ausladen, den Ranzen teilweise bis ins Klassenzimmer tragen, dem Sohn oder der Tochter die Jacke abnehmen, helfen die Hausschuhe anzuziehen (...) Und all dies nicht selten nach Beginn des Unterrichts um 7.45 Uhr.“
Kraus, der selbst ein Gymnasium leitet, wünscht sich, „dass Schulleiter an unseren 42 000 Schulen in Deutschland mit ähnlichen Problemen den Mumm haben, sich an die Eltern zu wenden.“ Auch andere Schulen bestärkten die Schillerschule in ihrer Wahrnehmung. Für die Rektorin der Stuttgarter Bachschule, Silke Plaas, ist es auch eine Frage der Sicherheit, Väter und Mütter weitgehend aus dem Schulgebäude fernzuhalten. So sei dem Kollegium aufgefallen, dass sich zu viele Erwachsene im Haus befinden, die nicht immer eindeutig als Eltern zu identifizieren waren. Deshalb sei im Eingangsbereich eine Kiss-and-go-Zone eingerichtet worden, wo Eltern ihre Kinder in die Klassenzimmer entlassen können. Zudem mahnt ein Schild an der Treppe zu den Unterrichtsräumen: „Liebe Eltern, ab hier schaffen wir das allein.“
Die Motive der „Glucken-Eltern“ sind vielfältig. Weber, Leiter der Heidenheimer Friedrich- Voith-Schule, vermutet, dass Eltern gerade bei Ganztagsschulen ein schlechtes Gewissen haben, ihr Kind so lange „abzugeben“; dies wollten sie durch besondere Fürsorge ausgleichen. Renate Schlüter, geschäftsführende Leiterin der Stuttgarter Grund- und Hauptschulen, sieht einen Zu- sammenhang zwischen der wachsenden Zahl der Ein-Kind-Familien und der Angst der Eltern „um ihr Wertvollstes“.

Erschienen in der MAZ am 15.01.2015 von Julia Giertz

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Helikopter-Eltern helfen keinem

Helikopter-Eltern ist ein von den US-Amerikanern geprägter Begriff und benennt einen bestimmten Erziehungsstil. Mütter und Väter, die um ihre Kinder herumschwirren, sind jederzeit bereit einzugreifen oder sich einzumischen. Die Kinder werden überbehütet, weil die Eltern – oft aus gutem Ansinnen – versuchen, sie vor allen Gefahren zu schützen. Doch damit tun sie weder sich noch ihrem Nachwuchs einen Gefallen.

Keine eigenen Erfahrungen machen: Das heißt auch, dass Kinder keine positiven Erlebnisse für sich verbuchen können. Ihnen wird ebenso die Chance genommen, aus eigenen Fehlern zu lernen. Wenn Eltern sich allzu schnell in Streitigkeiten unter Kindern einmischen, lernen diese es nicht, bei Konflikten angemessen zu reagieren.

Ängstlich bleiben: die Angst der Eltern, es könne etwas Schreckliches passieren, überträgt sich auf die Kinder. Sie werden ängstlich, trauen sich selbst nichts zu. Bei all den Schauergeschichten, die täglich verbreitet werden, ist es aber tatsächlich so, dass Kinder weniger gefährlich leben als früher. Man denke nur an Kindersicherungen, die es lange Zeit nicht gab.

Ideenlos werden: Kinder, die nie alleine spielen können und permanent unter Aufsicht sind, lernen nicht, sich selbst zu beschäftigen oder eigene Ideen zu entwickeln.

Erschienen in der MAZ am 15.01.2015 (leb)

Auf Kopfsteinpflaster

Nicht nur zum Schulstart gilt gemäß der Straßenverkehrsordnung: Bei fehlendem Radweg „absteigen und schieben“

Falkensee. Eigentlich sollten Radfahrer spätestens ab dem zehnten Geburtstag auf der Straße fahren. Doch der Alltag sieht in vielen Ecken Falkensees so aus, dass die Straßen mit ihrem holperigen Kopfsteinpflaster weder Kindern noch Erwachsenen und ihren Drahteseln zuzumuten sind, ein Radweg aber häufig auch fehlt. Somit sehen sich viele Radfahrer gezwungen, auf den Gehwegen zu fahren. Dabei kommt es regelmäßig zu Konflikten: Wer hat Vorrang? Muss ein Fußgänger einem Radfahrer Platz machen oder muss der Radfahrer etwa absteigen und schieben? Gelten für Kinder unter acht Jahren andere Regeln, weil sie ausschließlich auf dem Gehweg fahren sollen?

Auf die Frage, in welchen Fällen Radfahrer, die älter als zehn Jahre sind, auf reinen Gehwegen geduldet werden, antwortete Jana Birnbaum, Pressesprecherin der Polizeidirektion West, kurz und knapp: „Gar nicht. Ein Gehweg ist ein Gehweg und kein Radweg.“ Radfahrer müssten laut Straßenverkehrsordnung (StVO) auf reinen Gehwegen, die nicht mit Fahrradweg-Schildern gekennzeichnet sind, „absteigen und schieben. Denn ansonsten kann es ein Verwarngeld nach sich ziehen.“ Dieses wurde kürzlich von zehn auf fünfzehn Euro angehoben.

Kinder, die noch nicht acht Jahre alt sind, sollen laut StVO ausdrücklich auf Gehwegen fahren, da sie die Gefahren im Straßenverkehr noch nicht so gut abschätzen können. Bei Kindern bis zu zwölf Jahren „würden wir eine Ausnahme machen, dass sie selbstverständlich noch auf dem Gehweg fahren dürfen, sofern die Eltern dabei sind, die nebenher auf der Straße fahren. Aber ansonsten ist das nicht gestattet“, betonte Birnbaum.
Zur Begründung heißt es, „Fußgänger sind die schwächsten Verkehrsteilnehmer“, auf die Rücksicht zu nehmen sei. Auf Gehwegen seien schließlich nicht nur „sportliche Durchschnittsmenschen“ unterwegs, sondern auch Mütter mit Kinderwagen, ältere Menschen, teilweise mit Gehhilfen, oder auch Kleinkinder.

Kinder fahren zumeist auf Gehwegen, je nach Alter ist das erlaubt oder es wird geduldet.
Foto: Jahnke

„Wenn ein Fahrradfahrer dort ankommt – wenn auch mit geringer Geschwindigkeit – es ist einfach nicht einzuschätzen, was passiert: Jemand tritt möglicherweise aus einem Hauseingang auf den Gehweg und wird so von einem Fahrradfahrer erwischt. Das kann schwere Verletzungen zur Folge haben, nicht nur für den Fußgänger, sondern auch für den Fahrradfahrer“, gab die Pressesprecherin zu bedenken. Wie sollte sich denn nun ein Fußgänger verhalten, wenn ein ankommender Radfahrer klingelt, um vorbei zu kommen? „Im Prinzip hat der Fußgänger das Recht, in Ruhe weiterzugehen. Ich würde aber aus vernünftigen Gründen raten, möglichst schnell sich zur Seite zu bewegen, es sei denn, man möchte gerne angefahren werden.“

Es gibt viele Kopfsteinpflaster- Straßen in Falkensee ohne Radweg, aber mit schmalen Gehwegen auf beiden Straßenseiten. Birnbaum erinnerte an die Möglichkeit, hier ohne großen Aufwand Radwege einzurichten: „Man trennt Geh- und Radweg und macht die eine Seite nur Radweg und die andere nur Gehweg. Mit einer einfachen Beschilderung wäre so etwas möglich.“ Bis dies tatsächlich Realität wird, werden viele Falkenseer weiterhin massiv gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen und auf Radwegen fahren, solange es keine erträgliche Alternative gibt.

von Ute Jahnke erschienen in der BRAWO am 31.08.2014

"Zu Fuß zur Schule": Per Laufbus sensibilisiert

Der Aktionstag "Zu Fuß zur Schule", den die "AG Sicherer Schulweg" in Dallgow-Döberitz am Montag aufgegriffen hat, war laut Angaben von Sprecherin Silke Wagenlechner, ein voller Erfolg. Die Rückmeldungen seien überwiegend positiv gewesen, meinte sie.

Die Kinder konnten zu Fuß und mit dem Fahrrad den letzten Weg zur Grundschule in die Steinschneider Straße fahren, Autos hingegen blieben ausgesperrt. Den Kindern selbst, die eifrig Füße auf die Straße malten und einen Laufbus gruppenweise bildeten, war der Spaß anzusehen.

"Wir freuen uns sehr, dass so viele Schüler mitgemacht haben und die Eltern die Autos haben stehen lassen", so Wagenlechner. Laut Angaben von Anna Mohn, die sich ebenfalls in der AG engagiert, sei das Verständnis sehr groß gewesen und viele der Eltern hätten bereits gesagt, "dass sie auch zukünftig häufiger auf das Auto verzichten wollen". Wenn dem so freiwillig Folge geleistet werden würde, könnte damit auch die Situation direkt vor den Schulen entlastet und gleichzeitig die Sicherheit erhöht werden.

Die AG will in keinem Fall locker lassen und plant auch zukünftig weitere Aktionen, "um Verantwortliche in der Gemeinde und Teilnehmer im Straßenverkehr dazu zu bewegen, zu sicheren Schulwegen beizutragen."

Dallgow (MZV) Artikel erschienen in der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ)  am 23.09.2014

 

Presseartikel zum Thema Schulwegsicherheit